Berlin, 27.04.2023 – Finnland hat mit dem fünften Atomkraftwerk Olkiluoto-3 sein bisher leistungsstärkstes Kernkraftwerk errichtet, welches am vergangenen Sonntag ans Netz ging. Es soll in den kommenden Jahren für rund 30 Prozent der finnischen Stromproduktion sorgen. Doch zu sinkenden Strompreisen wird dies nicht zwangsweise führen.
Lange Bauzeit und zahlreiche Pannen
Das Kraftwerk Olkiluoto-3 wurde von einem Baukonsortium aus der französischen Areva und dem deutschen Siemens-Konzern errichtet. Der Baubeginn war 2005 und die Fertigstellung war zunächst für 2009 geplant – verspätete sich somit um sagenhafte 14 Jahre. Dies lag u.a. an losen Teilen im Turbinensystem oder Schäden in den Speisewasserpumpen. Die Bauarbeiten zogen sich derart lange hin, dass einige Komponenten bereits ausgetauscht werden mussten, bevor das Kraftwerk überhaupt ans Netz gehen konnte.
Nicht nur der Zeitrahmen wurde zu knapp kalkuliert. Der Bau war mit etwa 12 Milliarden Euro etwa viermal so teuer wie ursprünglich geplant. Somit ist das Kraftwerk das weltweit teuerste Atomkraftwerk, das bisher gebaut wurde. Im Vergleich dazu wird die Erweiterung des französischen Atomkraftwerkes im Flamanville, welches sich seit 2005 im Bau befindet, voraussichtlich 19,1 Milliarden Euro kosten.
Das finnische Atomkraftwerk Olkiluoto-3 ist das leistungsstärkste Kernkraftwerk Finnlands und wird mit seinen drei Reaktoren in den kommenden Jahren für rund 30 Prozent der finnischen Stromproduktion sorgen. Der neue dritte Reaktor allein 14 Prozent. Obwohl Finnland auf Atomstrom setzt, hat das Land hohe Strompreise und musste teuren Importstrom verwenden, um die nicht geplante Stromlücke zu füllen.
Die versteckten Kosten der Kernenergie
Obwohl die Atomkraft oft als eine kosteneffiziente und umweltfreundliche Alternative zur fossilen Stromerzeugung angesehen werden, gibt es viele versteckte Kosten, die oft nicht berücksichtigt werden. Eine lange Bauzeit und zahlreiche Pannen, wie am Beispiel Olkiluoto-3, können dazu führen, dass der Bau eines Kernkraftwerks viel teurer wird als ursprünglich kalkuliert.
Die Kosten des Baus und Betriebs eines Atomreaktors sind enorm und gehen weit über die geschätzten Baukosten hinaus. Kosten für Reparatur und Wartung können in die Milliarden gehen und der Bau selbst kann durch Verzögerungen und zusätzliche Kosten wesentlich teurer werden als ursprünglich angenommen.
Neben den finanziellen Kosten wiegen die (potenziellen) Kosten für Natur und Umwelt um so schwerer. Neben dem Problem der sicheren Endlagerung, die menschliche Zeitdimensionen sprengen, besteht, wie Tschernobyl und Fukushima gezeigt haben, immer das Risiko einer Kernschmelze.
Ausweg aus der atomaren Pfadabhängigkeit
Für eine fossilfreie Energiewende kann auf den Neubau von Atomkraftwerken verzichtet werden. Erneuerbaren Energien, wie Sonnenenergie, Windenergie und Wasserkraft, sind im Gegensatz zur Kernenergie erneuerbar und unbegrenzt verfügbar. Die Kernenergie hingegen basiert auf begrenzten Ressourcen wie Uran, die nicht nachhaltig sind und sich nicht erneuern.
Erneuerbare Energien sind kostengünstiger als neue Kernkraftwerke. Insbesondere in den letzten Jahren sind die Kosten für erneuerbare Energien erheblich gesunken, während die Kosten für Kernenergie aufgrund der hohen Investitionskosten und der Komplexität der Technologie weiterhin hoch sind. Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) betragen die durchschnittlichen Investitionskosten für Atomkraftwerke zwischen 5.000 und 8.000 US-Dollar pro Kilowatt installierter Leistung. Im Vergleich dazu betragen die Investitionskosten für erneuerbare Energiequellen wie Windkraft oder Photovoltaik durchschnittlich etwa 1.500 bis 2.500 US-Dollar pro Kilowatt installierter Leistung.
Es ist an der Zeit, das Investitionskapital in Milliardenhöhe, welches der Atomenergie stets zur Verfügung steht, in den Ausbau der Erneuerbaren Energien sowie die Stabilität und Speichermöglichkeiten der Stromnetze zu lenken.
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