Pflicht zur Bürgerbeteiligung an Windparks laut Bundesverfassungsgericht zulässig

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Pflicht zur Bürgerbeteiligung an Windparks laut Bundesverfassungsgericht zulässig

Berlin, 12.05.2022 – Das Landesgesetz über die Beteiligung von Bürgern und Gemeinden an Windparks in Mecklenburg-Vorpommern ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Pflicht zur Beteiligung von Anwohnern und standortnahen Gemeinden an Windparks ist im Grundsatz zulässig. Das entschied das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe und damit die Klage eines der Windenergiebranche zugehörigen Unternehmens zurückgewiesen [Beschl. v. 23.03.2022, Az. 1 BvR 1187/1].

Wer in Mecklenburg-Vorpommern einen Windpark betreiben will, muss die Anwohner finanziell beteiligen. Das Landesgesetz über die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern sowie Gemeinden an Windparks (Bürger- und Gemeindenbeteiligungsgesetz – BüGembeteilG) verpflichtet die Betreiber von Windparks, diese nur durch eine eigens dafür zu gründende Projektgesellschaft zu betreiben. Anwohner und standortnahe Gemeinden im Umkreis von fünf Kilometern müssen unter anderem durch Gesellschaftsanteile oder am Ertrag beteiligt werden. Dadurch soll die Akzeptanz für neue Windenergieanlagen verbessert und der Klimaschutz vorangetrieben werden.

Das Windenergie-Unternehmen hatte wegen dieser bundesweit bislang einmaligen Regelung in Mecklenburg-Vorpommern Verfassungsbeschwerde erhoben. Dort sind Betreiber bereits seit 2016 verpflichtet, beim Bau neuer Windparks an Land eine Projektgesellschaft zu gründen und mindestens 20 Prozent der Geschäftsanteile in Höhe von je maximal 500 Euro den Anwohnerinnen und Anwohnern sowie den Kommunen anzubieten. Alternativ können die Gemeinden eine jährliche sog. Ausgleichszahlung bekommen und die Bürgerinnen und Bürger ein risikoärmeres Anlageprodukt wie eine Festgeldanlage. Dabei sind auch Höhe und Verzinsung jeweils an den Ertrag der Gesellschaft gekoppelt.

Die Verfassungsrichter sahen in dem Gesetz zwar einen schwerwiegenden Eingriff in die Berufsfreiheit des Projektierers, die verfolgten Gemeinwohlziele des Klimaschutzes und der Sicherung der Stromversorgung seien jedoch hinreichend gewichtig, um diesen Eingriff rechtfertigen zu können.

Auf Bundesebene können Windpark-Betreiber die betroffenen Kommunen, jedoch nicht Anwohner, seit der EEG-Novelle 2021 auf freiwilliger Basis finanziell beteiligen. So können auch andere Bundesländer entsprechende Gesetze erlassen, wie z.B. das Land Brandenburg, wo Projektträger verpflichtet sind, Gemeinden in einem Drei-Kilometer-Radius jährlich 10.000 Euro zu zahlen.

Die Entscheidung des BVerfG ist ein wichtiges Signal, dass eine Energiewende ohne Akzeptanz in der Bevölkerung nicht möglich ist und die Beteiligung der Bürger daran unter dem Schutz des Grundgesetzes steht. Um nun die drohende Gefahr eines Flickenteppichs an Beteiligungsgesetzen zu minimieren, sollte schnell eine bundesweit einheitliche Regelung gefunden und zusammen mit der anstehenden EEG-Novelle verabschiedet werden.

Ohne die Akzeptanz breiten Bevölkerungsschichten an der Energiewende kann keine faire, transparente und demokratische Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energien gelingen.

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