Bürgerenergiegesellschaften ermöglichen eine aktive Beteiligung von Bürgern an der Energiewende. Doch was genau steckt hinter diesem Konzept und wie wird es gefördert?
Bürgerenergiegesellschaften sind ein vielversprechender Ansatz, um die Energiewende voranzutreiben und die Akzeptanz für erneuerbare Energien in der Bevölkerung zu stärken. Dabei schließen sich Bürgerinnen und Bürger zusammen, um gemeinschaftlich Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien zu errichten und zu betreiben. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz fördert diese Form der Bürgerbeteiligung auf vielfältige Weise.
Vorteile von Bürgerenergiegesellschaften
Bürgerenergiegesellschaften bieten zahlreiche Vorteile für die beteiligten Bürger und die Energiewende insgesamt:
- Dezentrale Energieversorgung: Durch den Zusammenschluss von Bürgern können Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien direkt vor Ort errichtet werden. Dies trägt zu einer dezentralen Energieversorgung bei und verringert die Abhängigkeit von zentralen Großkraftwerken.
- Stärkung der lokalen Wertschöpfung: Die gemeinschaftliche Errichtung und der Betrieb von Erneuerbare-Energien-Anlagen schafft wirtschaftliche Vorteile für die Region. Die Wertschöpfung bleibt vor Ort und kommt den Bürgern zugute.
- Erhöhung der Akzeptanz: Wenn Bürger selbst zu Akteuren der Energiewende werden, steigt die Akzeptanz für Windkraft- oder Photovoltaikprojekte in der Bevölkerung. Die direkte Beteiligung schafft Transparenz und Vertrauen.
Anforderungen an Bürgerenergiegesellschaften
Um als Bürgerenergiegesellschaft anerkannt zu werden und von den Fördermöglichkeiten zu profitieren, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:
- Rechtsform: Die Gesellschaft muss als Genossenschaft oder in einer anderen Rechtsform organisiert sein.
- Mindestanzahl der Mitglieder: Es müssen mindestens 50 natürliche Personen als stimmberechtigte Mitglieder oder Anteilseigner beteiligt sein.
- Regionale Verankerung: Mindestens 75 Prozent der stimmberechtigten natürlichen Personen müssen im Umkreis von 50 Kilometern um die geplante Anlage gemeldet sein.
- Stimmrechtsbeschränkung: Kein Mitglied oder Anteilseigner darf mehr als zehn Prozent der Stimmrechte halten.
- Nachweispflichten: Die Erfüllung der Voraussetzungen muss gegenüber dem Netzbetreiber bei Inbetriebnahme und dann alle fünf Jahre nachgewiesen werden.
Förderung von Bürgerenergiegesellschaften
- Ausschreibungsfreiheit: Bürgerenergiegesellschaften sind unter bestimmten Voraussetzungen von der Ausschreibungspflicht befreit. Dies gilt für Windenergieanlagen an Land bis zu einer installierten Leistung von 18 Megawatt und für Solaranlagen bis zu einer Leistung von sechs Megawatt.
- Vergütungsregelungen: Für den erzeugten Strom erhalten Bürgerenergiegesellschaften eine Vergütung, die sich an den Durchschnittswerten der Gebotstermine für die jeweilige Technologie orientiert. Dies schafft Planungssicherheit und erleichtert die Finanzierung der Projekte.
- Beratung und Unterstützung: Das BMWK bietet umfangreiche Informationen und Beratungsangebote für Bürgerenergiegesellschaften. Dazu gehören Förderprogramme, Leitfäden und die Vermittlung von Ansprechpartnern.
Das Förderprogramm „Bürgerenergiegesellschaften“ des BAFA sieht vor, dass Kosten für die Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen an Land bis zu einer Gesamtgröße von 25 MW pro Antragsteller förderfähig sind. Zu den förderfähigen Kosten zählen insbesondere:
- Sämtliche Vorplanungskosten, wie beispielsweise für Machbarkeitsstudien, Standortanalysen, Gutachten für die Änderung der Bauleitplanung, Datenermittlung für das Projekt und Wirtschaftlichkeitsberechnungen.
- Kosten für erforderliche Gutachten im Rahmen einer notwendigen Bebauungsplan-Änderung zur Umsetzung des Projekts.
- Kosten für Rechts- und Steuerberatungsleistungen, die im Zusammenhang mit grundlegenden Fragen des Projekts stehen und nicht mit der Gründung einer (Bürgerenergie-)Gesellschaft verbunden sind.
Herausforderungen und Lösungsansätze
Trotz der Fördermöglichkeiten gibt es auch Herausforderungen für Bürgerenergiegesellschaften. Eine davon ist die mögliche Prospektpflicht nach dem Vermögensanlagengesetz (VermAnlG). Diese kann bei der Mindestanzahl von 50 natürlichen Personen als Mitglieder oder Anteilseigner greifen.
Um die Prospektpflicht zu umgehen, gibt es verschiedene Lösungsansätze. Eine Möglichkeit könnte darin bestehen, die De-Minimis-Regelung des VermAnlG in Anspruch zu nehmen. Danach entfällt die Prospektpflicht, wenn nicht mehr als 20 Anteile angeboten werden. Durch das Einsammeln von mindestens 50 Gründungskommanditisten könnte diese Regelung genutzt werden, wobei jedoch Rechtsunsicherheiten bestehen und eine individuelle juristische Beratung ist in jedem Fall in Anspruch zu nehmen.
Eine weitere Alternative ist die Gründung einer eingetragenen Genossenschaft im Sinne des Genossenschaftsgesetzes (GenG). Für Genossenschaftsanteile sieht das VermAnlG keine Prospektpflicht vor, solange keine erfolgsabhängige Vergütung gezahlt wird. Allerdings ist auch hier auf die korrekte Umsetzung zu achten.
Bürgerenergiegesellschaften leisten einen wichtigen Beitrag zur Energiewende und zur Stärkung der regionalen Wertschöpfung. Das EEG 2023 schafft attraktive Fördermöglichkeiten, um diese Form der Bürgerbeteiligung zu unterstützen. Dennoch gibt es auch Herausforderungen, insbesondere im Hinblick auf die Prospektpflicht. Hier sind sorgfältige Prüfungen und individuelle Lösungsansätze gefragt, um die Vorteile der Bürgerenergiegesellschaften optimal zu nutzen.
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