Klage gegen Reiches Gaskraftwerkspläne: Lobbyinteressen und Wettbewerbsverzerrungen

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Klage gegen Reiches Gaskraftwerkspläne: Lobbyinteressen und Wettbewerbsverzerrungen

Diskriminieren die Pläne der Bundesregierung für neue Gaskraftwerke dezentrale Lösungen? Ein Green-Tech-Unternehmen hat bei der EU-Kommission Beschwerde gegen die geplante Kraftwerksstrategie eingereicht. Es sieht darin einen Verstoß gegen das EU-Beihilferecht und eine Benachteiligung von Technologien wie virtuellen Kraftwerken.

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) plant, bis zum Jahr 2030 mindestens 20 Gigawatt an neuen Gaskraftwerken bauen zu lassen. Dafür sollen die Betreiber in zwei Stufen Milliardenzahlungen erhalten: zunächst für den Bau und später für die Bereitstellung als Reserve in einem zentralen Kapazitätsmarkt – selbst wenn die Kraftwerke nie zum Einsatz kommen.

Verstoß gegen EU-Beihilferecht befürchtet

Das Hamburger Unternehmen 1komma5° sieht in den geplanten Ausschreibungen und Subventionen einen Verstoß gegen das EU-Beihilferecht. Eine solche Unterstützung wäre nur dann zulässig, wenn es keine Wettbewerbsverzerrungen gäbe und das Verfahren technologieoffen, notwendig und angemessen gestaltet wäre. Diese Bedingungen seien jedoch nicht erfüllt, argumentiert das Unternehmen in seiner Beschwerde an die EU-Kommission.

Stattdessen wird ein technologisch offener Wettbewerb zwischen zentralen und dezentralen Kraftwerken gefordert. Anstelle von Gaskraftwerken könnten auch gebündelte dezentrale Anlagen in einem virtuellen Kraftwerk die Anforderungen erfüllen, indem sie bei Engpässen den Stromverbrauch gezielt verschieben und Strom aus privaten Batterien und Elektroautos bereitstellen. Doch mit den Plänen der Bundesregierung hätten solche Lösungen keine Chance, da sie systematisch benachteiligt würden.

Absicherungspflicht als marktwirtschaftliche Alternative

Als Alternative schlägt 1komma5° die sogenannte Absicherungspflicht vor. Diese verpflichtet Akteure am Energiemarkt, für ihre Leistung eine bestimmte Verfügbarkeit zu garantieren – technologieoffen und ohne Subventionen oder zusätzliche Umlagen für Verbraucher. Ein solches Instrument würde nicht einmal der Genehmigung durch die EU-Kommission bedürfen.

„Die Kraftwerksstrategie darf nicht alte Strukturen einseitig zementieren, sondern muss die wirtschaftlichsten und klimafreundlichsten Lösungen berücksichtigen”, betont 1komma5°-CEO Philipp Schröder.

Technologieoffenheit als Deckmantel für Lobbyinteressen

Die CDU argumentiert in der Debatte um die Kraftwerksstrategie immer wieder mit dem Schlagwort der “Technologieoffenheit”. Doch bei genauerer Betrachtung drängt sich der Verdacht auf, dass es sich dabei nur um einen Deckmantel für die Durchsetzung von Lobbyinteressen handelt.

Obwohl technologieoffene Lösungen wie virtuelle Kraftwerke und die Absicherungspflicht zur Diskussion stehen, setzt Wirtschaftsministerin Reiche einseitig auf den massiven Ausbau von Gaskraftwerken – eine Technologie, die von finanzstarken Konzernen und Lobbyverbänden favorisiert wird. Klimafreundlichere und langfristig günstigere Alternativen haben in den Plänen der Bundesregierung dagegen kaum eine Chance.

Die Beschwerde von 1komma5° an die EU-Kommission zeigt exemplarisch, dass hinter dem Argument der Technologieoffenheit oftmals knallharte wirtschaftliche Interessen stehen. Eine wirklich technologieoffene, am Gemeinwohl orientierte Energiepolitik sieht anders aus.


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