Kipppunkten des Klimasystems rücken näher: Planetare Solvenz bewahren

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Kipppunkten des Klimasystems rücken näher: Planetare Solvenz bewahren

Die Stabilität des Erdsystems ist bedroht. Wissenschaftler fordern, die planetaren Grenzen zu beachten. Eine neue Studie zeigt, wie das gelingen kann.

Das Institut für Aktuarwissenschaften (IFoA) und die Universität Exeter veröffentlichten im Januar 2025 eine Studie zur “Planetaren Solvenz”. Darin analysierten sie, wie sich die menschlichen Aktivitäten auf das Erdsystem auswirken. Die Forscher kamen zu dem Schluss, dass die Stabilität des Planeten zunehmend gefährdet ist und die Menschheit dringend innerhalb der planetaren Grenzen agieren muss.

Was sind planetare Grenzen?

Das Konzept der planetaren Grenzen wurde 2009 von einem internationalen Forscherteam unter Leitung des Stockholmer Resilience Centre entwickelt. Es definiert den sicheren Handlungsraum für menschliche Aktivitäten auf der Erde. Insgesamt identifizierten die Wissenschaftler neun Dimensionen, innerhalb derer sich die Menschheit bewegen sollte, um die Stabilität des Erdsystems nicht zu gefährden:

  1. Klimawandel
  2. Versauerung der Ozeane
  3. Stratosphärischer Ozonabbau
  4. Biogeochemische Kreisläufe (Stickstoff und Phosphor)
  5. Atmosphärische Aerosolbelastung
  6. Süßwasserverbrauch
  7. Landnutzungsänderungen
  8. Verlust der Biodiversität
  9. Chemische Verschmutzung

Werden diese Grenzen überschritten, drohen abrupte oder irreversible Umweltveränderungen. Laut dem aktuellen Bericht haben wir bereits in fünf Bereichen die Belastungsgrenzen überschritten, mit potenziell katastrophalen Folgen für die Menschheit.

Den Planeten vor der Insolvenz bewahren

Die Autoren der IFoA-Studie prägen den Begriff der “Planetaren Solvenz” in Anlehnung an die Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens. So wie eine Firma genügend finanzielle Mittel benötigt, um ihren Verpflichtungen nachzukommen, muss die Menschheit ausreichend natürliche Ressourcen erhalten, um auch künftigen Generationen ein stabiles Erdsystem zu hinterlassen.

Konkret bedeutet das, die menschlichen Aktivitäten an die Belastungsgrenzen der Erde anzupassen. Dazu gehören der rasche Ausstieg aus fossilen Brennstoffen, der Schutz von Ökosystemen, eine nachhaltige Landwirtschaft und Kreislaufwirtschaft. Nur so lässt sich laut den Forschern das Risiko einer “Planetaren Insolvenz” abwenden – ein Zustand, in dem das Erdsystem so weit destabilisiert ist, dass es die Lebensgrundlagen der Menschheit nicht mehr zuverlässig bereitstellt.

Besseres Risikomanagement erforderlich

Um dieses Szenario zu verhindern, fordern die Studienautoren ein neues globales Risikomanagement, das sich an den “RESILIENCE”-Prinzipien orientiert. Dazu gehören:

R – risikoorientierte Methodik mit klaren Grenzwerten
E – Vorrang für die Gesundheit des Erdsystems
S – systemische Risikoanalyse
I – vorausschauende Szenarien mit Extremrisiken
L – Einbeziehung neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse
I – Anreize, Risiken zu benennen statt zu verschweigen
E – Förderung der ökologischen und Klima-Kompetenz
N – Berücksichtigung von Kipppunkten und nicht-linearen Risiken
C – interdisziplinäre Zusammenarbeit
E – effektive Governance und Berichterstattung

Insgesamt mahnt die Studie, das Vorsorgeprinzip konsequent anzuwenden. Auch bei Unsicherheiten über die genauen Auswirkungen einer Grenzüberschreitung sollten vorsorglich Maßnahmen ergriffen werden. Denn die Folgen eines destabilisierten Erdsystems wären so verheerend, dass jedes Risiko vermieden werden muss. Die Autoren hoffen, mit ihrer Arbeit einen Beitrag zu einem besseren Verständnis der planetaren Risiken und einem wirksameren globalen Krisenmanagement zu leisten.

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